Chronik
Die „Patscher Musig“ im Wandel der Zeit
von
Werner Falgschlunger und Hannes Erhard
Die Gründung der Musikkapelle Patsch geht auf das Jahr 1819 zurück. 10 Jahre nach der Niederschlagung des Tiroler Freiheitskampfes begann die Geschichte unserer Kapelle in Patsch. Sie bestand aus etwa 15 Schwegelpfeifern und Trommlern, wie sie in den Freiheitskämpfen zum Einsatz kamen, um die Tiroler Kampfverbände anzutreiben und aufzumuntern. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden einigermaßen brauchbare Daten über Mitgliederstände und Vereinsverantwortliche schriftlich aufgezeichnet. Im 19. Jahrhundert wurde der Werdegang der Musikkapelle fast ausschließlich mündlich überliefert, trotzdem sind folgende Tatsachen verbrieft.
34 Jahre nach ihrer Gründung, 1853, trat beim Säkulumfest bereits eine Blaskapelle, bestehend aus 22 Mann, auf.
Der damalige Kapellmeister hieß Franz Troger. In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts fanden anlässlich des Baues der Brennerbahn etliche Ausrückungen statt – damals noch ohne eigene
Uniform, aber immerhin mit Hut und Feder. Der Kapellmeister Nikolaus Troger soll in dieser Zeit eine sprunghafte Weiterentwicklung erreicht haben. 1888 spielte die „Patscher Musig“ bei der
Einweihung des Patscherkofel-Schutzhauses auf. Mangels Transportmöglichkeiten musste sich jeder Musikant sein Instrument selber auf den Kofel tragen! Beim Säkulumfest 1903 traten die Musikkapelle und die Schützen zum ersten Mal in Uniform auf. Im Prinzip war es das gleiche
braune Röckl, das heute noch in der Musikapelle verwendet wird. Johann Troger, der die Musikkapelle als Kapellmeister von 1902 bis 1938 durch wechselnd schwierige Verhältnisse führte, machte sich
besonders verdient. 1924 wurde die erste Wipptaler Tracht ausgegeben.
Ein großer Gönner war damals der Ehrenobmann Anton Graf Thurn und Taxis, der sich nicht nur für die Anschaffung vieler Instrumente verantwortlich zeigte, sondern 1937 auch einen 3-tägigen Ausflug zu Pfingsten nach München finanzierte. Die Anreise erfolgte mit der Bahn bis Scharnitz und von dort mit einem Bus. In München wurde nicht nur Bier konsumiert, sondern fleißig gespielt und marschiert.
Während des Zweiten Weltkrieges leitete Georg Span (Großvater des Kapellmeisters Georg Span II.) die Kapelle. Beim Wiederaufbau nach dem Krieg waren es vor allem zwei Männer, die unsere „Musig“ neu organisierten und aufbauten: ihr Obmann und langjähriges Ehrenmitglied Anton Holzhammer, der 2007 im 98. Lebensjahr verstarb, und ihr musikalischer Leiter Eduard Seeber. Sie mussten praktisch von vorne anfangen, da es in den schwierigen Nachkriegsjahren so ziemlich an allem mangelte. Alte Instrumente wurden notdürftig repariert und die Uniformen irgendwie wieder zusammengeflickt. Die Gemeinde konnte auch nur einen äußerst bescheidenen Beitrag leisten. Allerdings fehlte es nicht an Enthusiasmus und so konnte man bald wieder „in Kameradschaft für Gott und Heimatland“ musizieren.
Danach wechselten etliche Kapellmeister rasch das Dirigentenpodest. Roman Seeber, Toni Knoflach, Max Troger, Kurt Klocker und Erich Kahl waren einige dieser verdienten Personen. Anschließend leiteten Alois Falgschlunger (1956 bis 1970) und Franz Knoflach (1970 bis 1995) die Musikkapelle über sehr lange Amtsperioden. Ihnen folgte im Herbst 1995 Georg Span nach. Eine schwere Krankheit, gegen die er tapfer und mit unerschütterlichem Optimismus ankämpfte, hinderte ihn nicht, den Großteil seiner Freizeit der Musik zu widmen. Er komponierte, arrangierte, unterrichtete, leitete Proben und Ausrückungen, ehe er ihr letztendlich im Jänner 2000, im 41. Lebensjahr erlag. Der damals erst 22jährige Bernhard Mair übernahm dann die musikalische Leitung der Musikkapelle für zwei Jahre. Nun riss ein Faden in der Geschichte der „Patscher Musig“. Zum ersten Mal seit ihrem Bestehen war kein Kapellmeister aus Patsch mehr in Sicht und so musste man nach einem „Auswärtigen“ Umschau halten. Zum Glück wurde mit Alois Schöpf aus Lans ein neuer Kapellmeister gefunden. Sein erster Einsatz dauerte zwar nur ein Jahr, war aber für die Musikkapelle äußerst positiv. Die größte musikalische Herausforderung war das Eröffnungskonzert der Promenadenkonzerte 2002 in der Kaiserlichen Hofburg Innsbruck unter der Leitung von Kapellmeister Schöpf. Von 2003 bis 2006 dirigierte der Innsbrucker Militärmusiker Andreas Gamper die Musikkapelle, ehe im Herbst 2006 Alois Schöpf wieder an seinen Platz rückte. Im August 2009 legte Schöpf sein Amt erneut nieder. Gottlob konnte mit Bernhard Mair, der seit September 2009 zum zweiten Mal musikalischer Leiter ist, rasch ein Nachfolger verpflichtet werden.
Besondere Ereignisse in und um die Musikkapelle Patsch:
1955 veranstaltete die Musikkapelle zum ersten Mal das Bezirksmusikfest. 1972, 1988 und 2003 wurden diese musikalischen und organisatorischen Großveranstaltungen ebenfalls in Patsch durchgeführt.
1963 spielte die Musikkapelle bei der Einweihung der Europabrücke. 1964 gab sie ihrem großen Gönner, Graf Anton Thurn und Taxis, in München das letzte Geleit. Er hatte die gesamte Kapelle 1957 noch mit neuen Instrumenten ausgestattet. 1965 wurde das erste Gipfelkreuz am Patscherkofel unter Mitwirkung der Musikkapelle eingeweiht. 1976 rückte man anlässlich der XII. Olympischen Winterspiele in Innsbruck mehrmals aus. Im gleichen Jahr bekamen alle Musikanten einheitliche Trachtenschuhe.
Die Musikausflüge wurden zumeist mit Gastkonzerten verbunden, und so bereiste die Musikkapelle Patsch im Laufe der Jahre, teilweise mehrmals, Deutschland, Frankreich, Italien, Holland und Griechenland. Die einwöchige Konzertreise auf die griechische Insel Lesbos 1990 war einer der Höhepunkte in der Vereinsgeschichte. 1976 wurde der erste Tonträger produziert. Es handelte sich dabei um eine (Single) Schallplatte mit 3 Stücken. 1978 gab es eine Live-Radioaufnahme im ORF-Studio-Tirol am Rennweg in Innsbruck. 2002 schließlich produzierten die Patscher mit Kapellmeister Alois Schöpf ihre erste CD im Gemeindesaal Patsch.Kein Geringerer als der Blasmusikexperte Florian Pedarnig leitete die Aufnahme. Von den 17 aufgenommenen Stücken entstammen sieben der Feder von Patscher Komponisten: Johann Troger (3), Georg Span (3) und Bernhard Mair (1). Alle drei Komponisten waren Kapellmeister in Patsch.
1978 bekam die „Musig“ auf hartnäckiges Betreiben vom damaligen Obmann Lambert Felder, seinem Vize Jakob Falgschlunger ("Klarinettenvatter") und Vizebürgermeister Adi Knoflach von der Gemeinde ihren eigenen Musikpavillon. Vor allem das darunter liegende Probelokal stellte eine große Verbesserung dar.
1992 war die Neuaufnahme von Musikanten so schwer geworden, dass man sich bei der Vollversammlung mit einer hauchdünnen Mehrheit von 22 gegen 20 Stimmen dazu durchringen konnte, fortan auch das weibliche Geschlecht als Musikantinnen aufzunehmen. Ein später, aber weiser Entschluss, denn heute könnte sich eine reine Männerkapelle gar nicht mehr halten 1995 unternahm die Musikkapelle gemeinsam mit der Schützenkompanie auf Einladung der Stadtmusik Fehringer anlässlich deren Bezirksmusikfest eine Konzertreise in die Steiermark. Dort entstand zwischen den beiden Kapellen eine gute Freundschaft, die bis heute andauert und dadurch, dass man sich gegenseitig einlädt, immer wieder aufgefrischt wird. Später sprang dann der Funke auch auf die Gemeindeführungen über und seit 2006 ist Fehring offizielle Partnergemeinde von Patsch.
Das Durchschnittsalter und Leistungsniveau der Jungmusikanten hat sich heute gegenüber früher deutlich geändert. Das bronzene Leistungsabzeichen als Voraussetzung zum Eintritt in die Kapelle ist zum Standard geworden. Die Hälfte der rund 46 aktiven Musikantinnen und Musikanten ist unter 30 Jahre alt, das Durchschnittsalter insgesamt liegt bei 27,5 Jahren.
Neben den musikalischen Leitern sind es vor allem die Obleute und Ausschussmitglieder, die die Geschicke der „Musig“ mit viel Aufopferung lenkten und lenken.
Stellvertretend für die vielen Musikanten, die sich in den letzten 190 Jahren mit großem Engagement für die Musikkapelle eingesetzt haben, seien einige ihrer Ehrenmitglieder genannt: Eduard Seeber, Andrä Stubenvoll, Johann Knoflach (Mitglied von 1927 bis 1977), Anton Holzhammer (1924 bis 1965), Sepp Oss (1940 bis 1990), Johann Troger (Trolf 1937 bis 1997), Johann Braunegger sen. (1950 bis 2005), Adolf Knoflach (1951 bis 1993), Sepp Troger (1951 bis 2006) und Johann Braunegger jun. (Mitglied seit 1967, Ehrenobmann seit 2001) , Töchterle Hermann (Mitglied seit 1962, Ehrenmitglied seit 2012)
Nach Ende des zweiten Weltkrieges führten folgende Obmänner die Kapelle:
Bis 1949 Anton Holzhammer, 1950 Andreas Mair, 1951/1952 Johann Troger (Trolf), 1953 bis 1955 Albert Humml, 1956 Andreas Mair, 1957/1958 Hans Knoflach (Bot), 1959 bis 1961 Hans Braunegger sen., 1962 bis 1968 Adolf Knoflach, 1969/1970 Herbert Span, 1971 bis 1980 Lambert Felder, 1981 bis 1983 Adolf Knoflach, 1984 bis 2001 Hans Braunegger jun. Im Herbst 2001 übernahm Manfred Knoflach als Obmann die Leitung der Musikkapelle und führt sie mit Umsicht und viel Einsatz bis zum heutigen Tag.